Koschutnikturm (2136 m)
Allgemeines
Generationen von Kletterern haben in den wilden, düsteren Wänden des Koschutnikturmes (Kosutnikov turn) ihren Mut erprobt. Zu dem berühmtesten Besuchern des wie ein gewaltiger Reißzahn aus der Koschuta ragenden, 2136 Meter hohen Turmes zählt Emilio Comici (1910-1940), Erstbegeher der Große-Zinne-Nordwand, sowie Kleine-Zinne-Nor- und –Südkante. Die von großem alpinhistorischem Wert getragenen Unternehmungen des in Triest geborenen „Extremen“ sorgten seinerzeit für weltweites Aufsehen.
Wer von einem der westlich vorgelagerten Koschuta-Zweitaussender aus oder von der östlichen Begrenzung des Massivs, der Dicken Koschuta (2059 m), zum senkrecht nach Norden abfallenden Koschutnikturm blickt, glaubt sich in die Dolomiten versetzt. Sämtliche Nordanstiege sind denn auch nicht als leicht einzustufen: Zur Steil- und Ausgesetztheit der zwei nördlichen „Normalwege“ (Ostschlucht, ÖTK-Klettersteig) gesellt sich Steinschlaggefahr. Die südlichen Routen (Slowenien) bieten keine Schwierigkeiten. Eine Prachttour: die vom Koschutnikturm nach Westen verlaufende Koschuta-Längstüberschreitung.
Nachfolgende Beschreibung des kürzesten Koschutnikturm-Anstieges und damit ÖTK-Steiges. „ÖTK“ steht für „Österreichischer Touristenklub“. Die alpine Vereinigung wurde 1869 in Wien gegründet und setzt sich aus rund 20.000 Mitgliedern zusammen. In ihrer Obhut befinden sich über 50 Hütten und Klubhäuser; besonders aktiv ist der ÖTK in Niederösterreich, aber auch in Kärnten hinterlässt er hochwillkommene Spuren.
Die Versicherungen des ÖTK-Steiges ranken sich am Westsporn des Koschutnikturmes empor. Sie wurden 1931 von der ÖTK-Sektion Carinthia geschaffen (Viktor Pretterebner und Gefährten). Der Ortsstelle Ferlach des Bergrettungsdienstes und dem „Naturfreunde“-Touristenverein ist es zu danken, dass die im Laufe der Jahrzehnte der Verrottung anheimgefallenen Stahlseilversicherungen erneuert wurden.
Die 350-Meter-Nordkante, die jedem vom Koschutahaus her kommenden Wanderer oder Bergsteiger sofort ins Auge fällt, wurde erstmals im Juni 1907 vom starken Grazer Duo Rüdinger Weitzenböck/Ferdinand Knaffl bezwungen. Für den exzellenten Karawankenkenner Hans M. Tuschar hat der mächtige Strebepfeiler keinen Vergleich mit so mancher berühmten Dolomitenkante zu scheuen.
Anfahrt/Ausgangspunkt
Von Zell-Pfarre aus führt eine ausreichend breite, gut zu befahrende, nur im obersten Teilstück rauhe Mautstraße zum in 1279 Meter Höhe auf der Niederalm errichteten, traditionsreichen Koschutahaus der „Naturfreunde“. Parkplätze.
Tour
Vom Schutzhaus aus „links“ in den Wald (Hinweistafel, Markierung) und auf den Südalpenweg 603. Leicht zur Großalm – herrliche Blicke in die Koschuta. Durch steinige Rinnen und über Schotter (unterwegs Weggabelung, nicht denk „linken“, ins Tal bzw. zum Terkl-Bauern führenden Steig benützen; ab Mejniksattel auf geänderte Markierungsnummer achten) ans westliche Koschutnikkar heran. Ein kurzes Stück lediglich leicht ansteigend durch die gewaltige Steinwüste nach Osten. Eine Wegverzweigung wird erreicht. Geradeaus weiter zur Ostschlucht; zum ÖTK- Steig nach „rechts“ (Süden) abbiegen (Hinweis auf Felsen). Nun sehr steil, Trittspuren ausnützend und sich an den Markierungsflecken orientierend, Richtung Wände. Als Orientierungsbehelf dient ein den Wänden vorgelagerter, ins Kar eingebetteter Felssporn. Um diesen herum direkt unter die gewaltigen, dunklen, häufig Steinsalven entlassenden Mauern des Breitkopfes und Kleinen Koschutnikturms. Das Anstrengendste wäre geschafft! Zum in ca. 2000 Meter Höhe ins Felsbereich gekerbten Einstieg wiederum nach „links“ (Osten); ein deutlicher Steig führt zu dem bis in den Frühsommer vereisten Schlund, aus dem die ersten Versicherungen blinken.
Die kurze Via Ferrata (Eisenweg) ist ausgesetzt – nichts für ängstliche Naturen! Die von allenthalben viel Luft unter den Sohlen begleitete Turnerei endet in einer kleinen Gratscharte (Staatsgrenze). Auf schottrigem Steig nach „links“ (Osten) und – einmal mehr – sehr steil zum nahen, den höchsten Punkt des Koschutakammes einnehmenden Gipfel. Sollte das Wetter mitspielen und gute Sicht gegeben sein, empfiehlt es sich, die Gipfelrast in die Länge zu ziehen, den Augen ein Fest zu gönnen. Die – auch im nachfolgenden Kapital erwähnte – Aussicht ist in der Tat phantastisch. Tief unten verdämmert das Koschutahaus unter mächtigen Karen. Der Blick reicht über die wellig dahingestreckten Niederungen des Kärntnerlandes und Sloweniens hinweg, sucht Halt an den Gebirgsketten beider Länder.
Manch ein Bergfreund benützt für den Abstieg die scharf eingeschnittene, sehr steile und nicht ungefährliche Ostschlucht (siehe Seite 112/113), womit sich eine abwechslungsreiche Rundtour ergibt. Von glanzvollen Aspekten begleitet ist eine Variante: vom Gipfel des Koschutnikturms auf der Anstiegsroute zurück bis zu dem Einschnitt, wo der ÖTK-Steig ansetzt. Nun nicht weiter absteigen, sondern am Grat entlang in westliche Richtung wandern. Im Bereich des rasch zu erreichenden Kleinen Koschutnikturms wird – mit Hilfe eines kurzes Stahlseils – eine harmlose Stufe überwunden. In der Folge hält man dem sich zuspitzenden oder breiter werdenden Grat die Treue und umgeht auf deutlichem, markiertem Steig manch eine ausgesetzte Schneide. Der hohe, gewiss nicht schwierige Weg eröffnet die ganze Schönheit des gewaltigen Kalkstockes. Endpunkt: je nach Lust und Laune ein nahes oder entferntes Koschutaziel. Man denke aber an den Rückweg, halte sich ein eher großzügig bemessenes Zeit- und Kräftereservoir offen!
Charakter der Tour Nicht leicht, jedoch jedem einigermaßen geübten und trittsicheren Geher durchaus zumutbar. Durchgehend markiert. Die Klettersteigpassage ist gut gesichert. Abstieg über die Via Ferrata schwieriger als der Aufstieg. Äußerst steinschlaggefährdet! Helm benützen! Ungeübte sichern! Befinden sich Leute im Klettersteig, mit dem eigenen Aufstieg lieber warten, bis „die Luft rein“ ist! Der Verfasser hat den ÖTK-Klettersteig an die 20mal benützt – und fast immer sind diverse Geschosse mehr oder weniger knapp an ihm vorbeigesaust. Zeiten
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